Historie

Das DNT Weimar steht in der Tradition des 1791 unter Leitung von Johann Wolfgang von Goethe gegründeten Hoftheaters, als der Wiege der Weimarer Klassik. Die bereits 1491 gegründete Staatskapelle ist das einzige A-Orchester im Freistaat Thüringen und zugleich das Opernorchester des DNT. Neben der langen kulturgeschichtlichen Tradition war das DNT auch immer Bühne wichtiger historischer Ereignisse. Mit der Ausrufung der Republik und der Abdankung des Kaisers sowie des Großherzogs tagte von Februar bis August 1919 die verfassungsgebende Deutsche Nationalversammlung im Gebäude am Theaterplatz, um die Reichsverfassung zu verabschieden.

Das alte Hoftheater wurde abgerissen. Es erfolgte ein Neubau des Theaters an tradierter Stelle im neoklassizistischen Stil mit Säulenportikus und Mittelrisalit sowie einem Tympanon zum Theaterplatz hin. Es entstand ein Rangtheater mit Fürstenloge, die einen eigenen Zugang und ein eigenes Foyer besitzt, sowie Hof- und Festlogen mit entsprechenden Salons.

Der Entwurf stammte von Max Littmann, Architekturbüro Heilmann & Littmann, München.


Stadtarchiv Weimar, 53 24/1 Bd 70.2; Foto/Repro: Wolfgang Kümpel

Der Neubau von 1906/07 wurde im Januar 1908 offiziell eröffnet. Das Gebäude weihte man im Rahmen eines feierlichen Staatsakts ein, an dem Kaiser Wilhelm II. und über 70 Intendanten anderer Theater anwesend waren.

Theater und Theaterplatz 1908Foto: Stadtarchiv Weimar, 53 24/1 Bd 70.2; Postkarte, Sammlung Wolfgang Kümpel

Stadtarchiv Weimar, 53 24/1 Bd 70.2; Postkarte, Sammlung Wolfgang Kümpel

Am 6. Februar 1919 trat die Nationalversammlung im Deutschen Nationaltheater zusammen. Deutschland erhielt dort innerhalb weniger Monate erstmals eine demokratische Verfassung.

Nach den politischen Wirren und Hungersnöten am Ende des Ersten Weltkrieges stabilisierten die Abgeordneten mit der Verfassung den neuen Staat und halfen, die Not im Land zu mindern.

Die Nationalversammlung beschloss wegweisende Gesetze, die bis heute fortbestehen. In Artikel 1 war bereits damals die Volkssouveränität festgeschrieben. Auch die Gewaltenteilung und die Grundrechte, darunter insbesondere die Gleichstellung der Frauen waren zentrale Verfassungsprinzipien.

Sie leisteten mit ihrer Pionierleistung eine Mammutaufgabe, wenngleich ihre Arbeit nicht frei von Fehlern und Konflikten bleiben konnte. Weimar wurde damit zu einem Schlüsselort deutscher Demokratiegeschichte.

Bis heute erinnert eine Gedenktafel an der Fassade des Theaters an diese Sternstunde der Demokratie. Zu lesen ist die Inschrift: „In diesem Hause gab sich das deutsche Volk durch seine Nationalversammlung die Weimarer Verfassung vom 11. August 1919.“

Am Tag der Wahlen zur deutschen Nationalversammlung wurde auch das Hoftheater in „Deutsches Nationaltheater“ umbenannt.

Foto: Stadtarchiv Weimar, 63 1-M/1

Nationalversammlung 1919, Stadtarchiv Weimar, 63 1-M/1

Hitler wollte das DNT zu einem der führenden Bühnen des Deutschen Reiches machen. So veranlasste er eine Verdopplung der Reichszuschüsse und steuerte ab 1935 sogar jährlich 60.000 Reichsmark aus seinem Privatvermögen als „Schenkung für künstlerische Sonderleistungen“ bei.

1939/40 kam es zum Umbau des Zuschauersaals und der Sanierung der Bühnentechnik für eine Gesamtsumme von 800.000 Reichsmark. Darüber hinaus wurde ein eigener Zugang samt Treppenhaus für Hitler geschaffen. Weitere Maßnahmen waren u. a. die „Purifizierung“ des Innenraumes durch die Abnahme der Dekoration, die Umgestaltung der Fürstenloge zur „Führerloge“ oder die Verkleidung der Rückwand des Hauptfoyers mit Travertin.

Entwurf: Paul O. A. Baumgarten.

Foto: Stadtarchiv Weimar, 53 24/1 Bd 71.1; Foto/Repro: Wolfgang Kümpel

Stadtarchiv Weimar, 53 24/1 Bd 71.1; Foto/Repro: Wolfgang Kümpel

Im Herbst 1944 kam es zur Schließung aller Theater in Deutschland. Das DNT wurde vom Rüstungsbetrieb Siemens & Halske gemietet. Die Firma nutzte die Räumlichkeiten wohl als Produktionsort. Ob man im DNT wirklich Waffen und Munition hergestellte, lässt sich aufgrund der Quellenlage nicht mit Bestimmtheit feststellen.

Ein amerikanischer Bombenangriff am 09. Februar 1945 zerstörte das Theater bis auf die Fassade und das Foyer.

Foto: Stadtarchiv Weimar, 53 24/1 Bd 71.1; Foto/Repro: Wolfgang Kümpel

Stadtarchiv Weimar, 53 24/1 Bd 71.1; Foto/Repro: Wolfgang Kümpel

Ab 1946 erfolgt der Wiederaufbau des Theaters mit neu gestalteten Zuschauerbereichen und neuem Zuschauersaal. Die Fürstenloge wurde abgebaut; das Bühnenhaus mit Zeltdach erhöht. Das Haus erhielt neue Anbauten an der Nord- und Westseite.

Entwurf: Otto Juncker, Prof. Kurt Hemmerling, Prof. Werner Harting.

Am 28. August 1948 erfolgt die Wiedereröffnung anlässlich Goethes 199. Geburtstag. Gespielt wurde Goethes „Faust. Der Tragödie erster Teil“.

Foto: Stadtarchiv Weimar, 53 24/1 Bd 71.1; Foto/Repro: Wolfgang Kümpel

Stadtarchiv Weimar, 53 24/1 Bd 71.1; Foto/Repro: Wolfgang Kümpel

In den Jahren 1973-75 wurde das Theater umfangreichend saniert. Die „Rekonstruktion“ des DNT war in vier Bauabschnitte gegliedert: Zuschauerbereiche, Bühne, Kulissenmagazin, Betriebsräume. Zudem kam es zur vollständigen Erneuerung der technischen Anlagen.

Der Zuschauerraum von 1948 wurde abgerissen, ein neuer Saal eingebaut. Zuständig war der Architekt Richard Paulick. Er ließ die Wände des Zuschauersaals mit Holzplatten verkleiden und die Decke so anlegen, damit eine optimale Akustik entstand. Die heutige Gestalt des Zuschauerraumes stammt aus dieser Zeit.
Entwurf: Kollektiv Dr. Udo Schultz (Muster- und Experimentalbüro der Bauakademie der DDR).

Zuschauerraum 1975Foto: Stadtarchiv Weimar, 53 24/1 Bd 71.1; Foto/Repro: Wolfgang Kümpel

Stadtarchiv Weimar, 63 0-2/DNT nach 1945, innen; Foto: Metzner, 1975

Wiedereröffnet wurde das DNT mit Goethes „Faust. Der Tragödie erster Teil“ zur 1.000-Jahr-Feier der Stadt Weimar am 5. Oktober 1975.

Foto: Stadtarchiv Weimar, 63 0-2/DNT nach 1945, innen; Foto: unbekannt (1975)

Stadtarchiv Weimar, 63 0-2/DNT nach 1945, innen; Foto: unbekannt (1975)

Das Architekturbüro Gebauer & Rämmler Weimar erarbeitete ab 1990 denkmalpflegerische Zielstellungen zur Sanierung der Fassade, der
Zuschauerbereiche und des Bühnen- und Verwaltungstraktes.

So erfolgte daraufhin der Abbruch der Probebühne im Foyer dritter Rang und der Einbau einer neuen Studiobühne.

Foto: Stadtarchiv Weimar, 53 24/1 Bd 72; TA v. 22.07.1999, TA-Foto: W. Kiesel

Stadtarchiv Weimar, 53 24/1 Bd 72; TA v. 22.07.1999, TA-Foto: W. Kiesel

1992 kam es zur Erneuerung sämtlicher Fenster und Außentüren.

Folgende Maßnahmen wurden 1998 vorgenommen:

  • Erneuerung der Bestuhlung im Zuschauerraum sowie des Teppichbodens der Umgänge
  • Einbau neuer Lüftungs- und Löschwasseranlagen sowie Sanitäranlagen

2000 bis 2003 erfolgte die Fassadensanierung, wobei die Fassaden der Bauteile von 1907 wieder in ihren bauzeitlichen Zustand zurückgeführt wurden. An der nördlichen Schmalseite des Seitenflügels rekonstruierte man über dem Mittelrisalit das 1946/50 abgetragene Giebeldreieck. Der Nordanbau von 1946/50 erhielt einen neuen Außenputz mit gliedernden Putzspiegeln, der Bühnenturm ein umlaufendes mäanderndes Band analog dem Kernbau von 1907. Das Pförtnerhäuschen an der Westseite aus der Bauphase 1973/75 wurde abgebrochen, der Zugang mit einer Treppenanlage neu gestaltet und mit einem Vordach (verglaster Stahl-Trägerrost) versehen.

Quellen:

Nils Wendtland, Licht und Schatten. Kleine Geschichte des DNT und der Staatskapelle Weimar, Weimar 2014.

Benjamin Rudolph u. a., Weimar, Deutsches Nationaltheater (DNT). Bauhistorische Untersuchung des Bühnen- und Verwaltungstraktes und
denkmalpflegerische Zielstellung für die Gesamtanlage, Weimar 2020.